CfP Quo vadis Narratologia? Perspektiven und Grenzen erzähltheoretischer Ansätze.
6. Wuppertaler Graduiertenforum Narratologie
Interdisziplinäre Graduiertentagung am Zentrum für Erzählforschung (ZEF) und Zentrum für Graduiertenstudien (ZGS) der Bergischen Universität Wuppertal
Datum: 25./26. September 2015
Deadline: 30. Juni 2015
Das Interesse an der Narratologie ist ungebrochen. Die Vielfalt von Veranstaltungen und Publikationen in den letzten beiden Jahrzehnten beweist dies eindrücklich. Zugleich aber ist klar: Von der Narratologie lässt sich nicht mehr ohne weiteres sprechen. Beinahe unüberschaubar scheint mittlerweile der Pluralismus der Ansätze und Anwendungsmöglichkeiten.
Die Ablösung der klassischen, strukturalistisch geprägten Paradigmen durch postklassische Theorien hat einerseits zu einer Auffächerung der Anwendungsbereiche und zu einer bemerkenswerten Diversifizierung und Interdisziplinarität geführt. Andererseits lassen sich in einer Parallelentwicklung seit einigen Jahren Konsolidierungsbestrebungen beobachten, in denen sich das Bemühen um eine gemeinsame methodische und/oder theoretische Basis, um trennscharfe Begrifflichkeiten sowie das Bedürfnis nach einer wissenschaftstheoretischen (Re‑)Situierung der Narratologie artikulieren.
Beide Tendenzen, Diversifizierung wie Konsolidierung, scheinen sich momentan parallel weiterzuentwickeln: Möglichkeiten und Grenzen narratologischer Konzepte werden dabei letztlich maßgeblich durch den jeweiligen Untersuchungsgegenstand bzw. Themenkomplex wie durch (inter-)disziplinäre Wechselbeziehungen abgesteckt. Angesichts dieses weiten Feldes scheint es hinsichtlich des eigenen Forschungsvorhabens inzwischen unvermeidbar, auch wissenschaftstheoretisch den eigenen narratologischen Zugriff zu reflektieren.
Das 6. Wuppertaler Graduiertenforum Narratologie möchte Nachwuchswissenschaftler_innen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Projekte vor diesem Hintergrund zu diskutieren und zu verorten. Die Veranstaltung richtet sich dabei wie gewohnt an Doktorand_innen aus ganz verschiedenen Disziplinen bzw. Fächern (wie Literatur-, Kultur-, Medien-, Kognitions- und Geschichtswissenschaften, Soziologie, Philosophie, Theologie und weitere), die sich mit narratologischen Fragen beschäftigen. Dabei sollen sich sowohl Promovierende angesprochen fühlen, die sich bereits für das Arbeiten mit erzähltheoretischen Grundlagen entschieden haben, als auch jene, die ausloten und diskutieren möchten, in welcher Form narratologische Ansätze und Begrifflichkeiten für ihr Dissertationsprojekt von Bedeutung sind oder werden könnten. ‚Narratologie‘ soll hier aus pragmatischen Gründen als übergreifender Begriff für ‚Erzähltheorie‘, ‚Erzähltextanalyse‘, ‚Erzählforschung‘ etc. fungieren.
In diesem Zusammenhang können folgende Fragen relevant sein:
- Was heißt es überhaupt, ‚narratologisch‘ zu arbeiten? Welche Ansätze eignen sich als Ausgangspunkte, welche sind überholt?
- Wo und in welcher Weise lässt sich mit postklassischen Konzepten an klassische fruchtbar anknüpfen und in welcher Weise? (z. B. Herman, Nünning, Sommer)
- Unter welchen Bedingungen ist es sinnvoll, mit Kernbegriffen wie ‚Narration‘, ‚Narrativ‘, ‚Diegese‘, ‚Erzähler‘, bzw. ‚Erzähl-Instanz‘ oder ‚Narrative Konstitution‘ zu arbeiten und sie definitorisch einzugrenzen? Wo erscheint es nötig, diese (im interdisziplinären Kontext) zu öffnen, auszudifferenzieren oder neu zu justieren? (etwa strukturalistische Begriffe bei Genette sowie Begriffsexplikationen etwa in the living handbook of narratology)
- Welche narratologischen Begriffe und/oder Ansätze sind in Vergessenheit geraten, welche können für die neuste Erzählforschung wieder nutzbar gemacht werden? (z. B. Cohn, Genette, Hamburger, Ricœur)
- Wie hängen Analyse und Interpretation mit narratologischen Konzepten theoretisch und/oder methodisch zusammen? (z. B. Kindt/Müller) Welche Problemlagen ergeben sich daraus? Welche Lösungsansätze sind denkbar und/oder haben sich als praktikabel erwiesen?
- Inwieweit und auf welche Weise kann oder sollte ‚Narratologie‘ (insbesondere im Rahmen von kognitionswissenschaftlichen Modellen) Produktions- und Rezeptionsaspekte des ‚Erzählens‘ stärker einbeziehen? (z. B. Phelan, Walsh)
- Inwieweit ist es (un-)möglich, von übergreifenden Kommunikations-/Vermittlungsmodellen in Bezug auf verschiedene Genres und Medien auszugehen? (z. B. Chatman) Welche Rolle spielen dabei Erzählinstanzen?
- Welchen Status hat ‚die Narratologie‘: Ist sie Sub-/Disziplin? (z. B. Meister) Wie geht man im Hinblick auf sogenannte ‚Bindestrich-Narratologien‘ mit dem Anspruch um, Theoriebildung und Anwendung zu trennen oder diese (vor dem Hintergrund des eigenen Korpus) produktiv ins Verhältnis zu setzen?
- Welche Brücken zwischen Narratologie und Kulturtheorie lassen sich beobachten bzw. denken? (z. B. Koschorke)
Diese und weitere Fragen sollen nicht losgelöst und abstrakt, sondern vielmehr anhand von ganz konkreten Gegenständen, Forschungsprojekten, Problemlagen und Lösungsansätzen diskutiert werden. Vorgesehen sind über zwei halbe Tage verteilt insgesamt zehn jeweils 15-minütige Impulsreferate/Kurzpräsentationen (auf Deutsch oder Englisch), die von circa 30-minütigen Diskussionen begleitet werden. Um die gemeinsame Zeit möglichst fruchtbar zu nutzen, wird dieses Format gestützt durch jeweils bis zu 8 Seiten umfassende Paper, welche von den Beitragenden bis zum 01. September 2015 einzusenden sind und anschließend in Form eines für alle Teilnehmenden vorzubereitenden Readers versendet werden. Die Paper können bereits relativ abgeschlossene Fließtexte darstellen, aber durchaus auch einen ‚work in progress‘-Status abbilden und ggf. zusätzlich wichtige Materialien/Primärtextauszüge liefern. Das Format ist in diesem Jahr erstmals bewusst in dieser Form angelegt und wir freuen uns auch über weitere Interessierte, die ohne eigenes Paper teilnehmen möchten (um eine vorherige Anmeldung wird gebeten).
Die anfallenden Reise- und Unterbringungskosten werden für die Beitragenden vorbehaltlich der Bewilligung der beantragten Fördermittel bis zu einer Höhe von 200 Euro übernommen, wenn nachgewiesen werden kann, dass keine anderen Förderungsmöglichkeiten bestehen.
Die Themenvorschläge können sowohl Zusammenfassungen der geplanten Paper und Impulsreferate darstellen als auch eine Skizze des jeweiligen Projekts mit einer spezifischen Problemlage, die zur Diskussion gestellt werden soll. Interessenten senden bitte ihr Abstract (max. 500 Wörter, Deutsch/Englisch) sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 30. Juni 2015 per E-Mail an die Veranstalter_innen (ag-erzaehlforschung@uni-wuppertal.de).
Veranstalter_innen:
Daniel Becker, Anna Hanrahan, Maria Hinzmann, Julia Nantke, Eva Zimmermann
Bergische Universität Wuppertal
Zentrum für Erzählforschung (ZEF), Zentrum für Graduiertenstudien (ZGS)
Gaußstraße 20
D-42119 Wuppertal